Team-Branding statt Arbeitgebermarke – einfach besser kommunizieren!

Employer Branding wird als Königsdisziplin gegen Fachkräftemangel gepriesen. Aber ist nicht sogenanntes Team-Branding deutlich hilfreicher? Das frage ich mich gemeinsam mit Viktoria A. Balensiefen und Nicole Döhrmann.

Arbeitgebermarke: Das Märchen von Employer Branding als Wundermittel?

Die Situation ist bekannt: Zu wenige Bewerbungen auf zu viele offene Stellen, die oft zu lange nicht besetzt werden können. Manche glauben, Employer Branding ist das wunderbare Instrument, mit dem der gefürchtete Fachkräftemangel endlich in den Griff zu bekommen ist.

Um es kurz zu machen: Nein, Employer Branding besetzt keine Stellen in Schallgeschwindigkeit. Ein gutes Employer Branding ist ein strategischer Marketing-Prozess auf einer übergeordneten Ebene, der langfristig wirken wird. Es mündet in einer generellen Haltung und in einem unternehmensweiten Ziel, wie die Arbeitgebermarke sein und wahrgenommen werden soll. Employer Branding erzeugt allgemeine Aussagen, die für das gesamte Unternehmen gelten sollen.

Allgemeine Aussagen und allgemeine Benefits haben jedoch keine ausreichende Hebel-Wirkung bei der erfolgreichen Besetzung von offenen Stellen. Weder für passive Suchen über Stellenanzeigen noch für aktive Suchen wie Talent Akquisition und Direktansprachen.

Team-Branding als Multi-Tool

Der Ansatz des Team-Branding ist dagegen deutlich einfacher und pragmatischer. Denn er bezieht sich auf ein Team, also eine kleinere Gruppe. Explizit für dieses Team findet man meist sehr schnell packende Beschreibungen, Werte, Besonderheiten und Team-spezifische Benefits.

Vorteile des Team-Branding

Die detaillierte Erfassung und Benennung der Eigenheiten und Besonderheiten hat mehrere Vorteile:

Das Team findet sich selbst in der Team-Beschreibung wieder. Dies kann den Zusammenhalt (und damit die Retention!) deutlich stärken. Auch die Unternehmens-interne Wahrnehmung des Teams wird gestärkt

Mitarbeitende im Recruiting können die Besonderheiten des Teams schneller aufgreifen und kommunizieren. Stellenanzeigen können spezifischer getextet werden. Und in der Talent-Akquisition kann individueller recherchiert und angesprochen werden

Bewerbende erkennen unmittelbar, wie die Abteilung tickt, was das Besondere ist und ob sie selbst in das Team passen könnten

Verglichen mit einem Employer Branding-Prozess ist die Erfassung der Team-Brand ein unkomplizierter flexibler Prozess. Er erfordert deutlich weniger Marketing-Kompetenz, benötigt weniger Stakeholder und braucht kein unternehmensweites Commitment.

 

Team-Branding: diese Aspekte machen den Unterschied

Jedes Team hat Eigenschaften, die es einzigartig machen. Denn natürlich tickt das Controlling-Team anders als die Teams in Vertrieb oder Entwicklung.

Die folgende Liste hilft, Details und Aspekte über das Team zu sammeln und zu erfassen:

Aufgabe und Ziel des Teams

Was machen wir genau und mit welchem Ergebnis?

Beispiel Instandhaltung: Unsere Aufgabe ist es, dass die Maschinen einwandfrei laufen für eine stabile, reibungslose Produktion. Wir sorgen für regelmäßige Wartungen und kontinuierliche Instandhaltung. Dabei behalten wir das Thema Ersatzteile und auch Neu-Investitionen immer im Blick.

Werte und Selbstverständnis des Teams

Welche Werte sind uns wichtig, wie ist unser Selbstverständnis?

Beispiel Controlling: Wir legen Wert darauf, die richtigen Zahlen und Analysen pünktlich zur Verfügung zu stellen, mit denen man die Situation auf einen Blick erkennen kann. Mit unserem Zahlengespür und unserer Erfahrung in der Auswertung erkennen wir Trends früh und können drauf hinweisen.

Das treibt das Team an und so tickt es

Beispiel Accounting: Wir lieben Ordnung, saubere Buchhaltung und fehlerfreie Konten. Wenn wir einen Fehler finden, lösen wir diesen schnellstmöglich.

Arbeitsweise, Team-Zusammenhalt und Umgangston

So arbeiten wir zusammen und sprechen wir miteinander.

Beispiel Recruiting: Alle übernehmen Verantwortung für ihre Projekte und Aufgaben, und erledigen diese fristgerecht bei freier Zeiteinteilung innerhalb unseres Zeitmodells. In Hochphasen oder bei Urlaub unterstützen und vertreten wir uns gegenseitig. Bei Schwierigkeiten oder Problemen sagen wir früh genug Bescheid und kümmern uns verantwortlich um Lösungen, z.B. indem wir erfahrene Kolleg:innen oder Teamleads um Rat bitten. Unser Umgangston untereinander und gegenüber Kandidat:innen und Kolleg:innen ist entspannt, unkompliziert und verbindlich in der Sache.

Schnittstellen mit Kolleg:innen und Kund:innen:

So arbeiten wir mit anderen Abteilungen und Kund:innen zusammen

Beispiel Vertrieb: Wir kommunizieren regelmäßig und offen mit wichtigen Schnittstellen im Unternehmen wie Controlling, Dispo und Versand. Für unsere Kund:innen sind wir immer erreichbar durch flexible Arbeitszeiten und gute Urlaubsplanung. Schwierigkeiten kommunizieren wir früh genug und kümmern uns verantwortlich um Lösungen oder Alternativen.

Team-spezifische Besonderheiten:

Das ist bei uns Besonders.

Beispiel: Bei Geburtstagen dekorieren wir den Schreibtisch des Geburtstagskindes – wir haben ein Team-Maskottchen – uns eint die Liebe zu „Clean Codes“ und Heavy Metal.

Echte Benefits:

Das ist bei uns anders als bei anderen Arbeitgebern.

Beispiel IT: Du suchst selbst aus, ob Du bei uns im Büro arbeitest oder von an einem anderen Standort innerhalb Europas. Dein Equipment wird regelmäßig erneuert (ca. alle 12 Monate) und Du stellst Dir Deine Tools aus einer großen Liste an Vertragspartnern zusammen

Beispiel Vertrieb: Bei uns ist der Vertriebs-Bonus nicht gedeckelt oder limitiert – wer leistet und performt, kann richtig viel verdienen!

Wie kommen Unternehmen zum Team-Branding?

Und wie kommt man zu so einer Sammlung an Beschreibungen für ein Team? Ganz einfach: in der Zusammenarbeit und im Gespräch mit dem Team. Ein offener Austausch bzw. moderierter Workshop von ein bis zwei Stunden kann hierzu schon reichen.

Einfach anders kommunizieren – und zwar Zielgruppen-gerecht!

Mit einer Liste an Werten, Besonderheiten und echten Benefits wird es im Recruiting deutlich einfacher. Und vermutlich sowohl schneller als auch erfolgreicher – also effizienter!

Bei der aktiven Suche können neben den Hard Skills sehr schnell auch weitere Faktoren in der Recherche abgeglichen werden. Zum Beispiel Interessen, Werte und augenscheinliche Karriereziele und Prioritäten der potenziellen Kandidat:innen. Dadurch können gezielt die Personen auf die Shortlist gestellt werden, die vermutlich gut zum Team passen könnten. Bei der Ansprache kann die potenzielle Zielgruppe individueller angesprochen werden und in ihren spezifischen Wünschen und Bedürfnissen abgeholt werden. Beides führt zu einer höheren Response-Rate und zu einem schnelleren Prozess.

Auch Stellenanzeigen lassen sich deutlich passgenauer texten. Die Aufgaben und auch Ziele der Stelle können sehr spezifisch und unterscheidbar zu anderen Anzeigen benannt werden. Vor allem können neben den allgemeinen Benefits (wie z.B. 30 Urlaubstage) vor allem die Zielgruppen-spezifischen Benefits herausgestellt werden. Die Stellenanzeige wird individueller, was vor allem bei hart umkämpften Profilen einen entscheidenden Unterschied macht.

In der gesamten Kommunikation mit potenziellen Kandidat:innen kann deutlich stärker herausgearbeitet werden, was das Besondere an der Stelle und dem Team ist. So erkennen Bewerbende von Anfang an, ob Unternehmen, Team und Aufgabe der Position für sie passend wäre. Bei Interesse ist die Bindung des Bewerbenden damit von Anfang an höher, was zu besserer Interaktion und geringerer Absprung-Rate führt.

Ein herzliches Dankeschön geht an Stefan Scheller, der unseren Artikel auf seinem Blog persoblogger.de veröffentlicht hat!